Sonntag, 22. März 2009

Bayern München - KSC 1:0

„Der KSC ist vom Glück verlassen“ titelt pflichtschuldig Harald Linder im SONNTAG nach der siebten Niederlage der Becker-Elf in diesem Jahr, und man fragt sich, ob noch andere Vereine der Bundesliga mit einem derart flüchtigen Gut wie Glück ihr Schicksal verbinden. Der Blick auf die Tabelle beweist: wohl kaum. Denn völlig zurecht abgeschlagen, mit 17 Punkten und einer Differenz von - mittlerweile unfassbaren - minus 24 Toren nach 25 Spielen, liegt der KSC auf dem letzten Tabellenplatz. Wer an dieser Lage nicht „Schuld“ ist, nämlich der Trainer, wird dann in den drei, sich dem Spiel widmenden Artikeln zuverlässig wiederholt, damit auch der letzte Leser im Verbreitungsgebiet des badischen Tageszeitungsmonopolisten es kapiert. Ede Becker „will den Kopf ebensowenig in den Sand stecken wie Manager Dohmen“ lässt Linder die KSC-Fans wissen, und nicht wenige verstehen diese Ankündigung mittlerweile als Drohung, die Schlimmstes für die kommende Spielzeit befürchten lässt.

 

Das Vertrauen in die Arbeit der Männerfreunde ist - nicht nur - in Kreisen der aktiven und organisierten Anhänger mittlerweile restlos aufgebraucht. Die SUPPORTERS KARLSRUHE machten ihrem Ärger letzten Mittwoch mit einem Schreiben an die KSC-Verantwortlichen in aller Deutlichkeit Luft. „Wir können sehr gut einschätzen,was da vor uns auf dem Rasen und hinter den Kulissen abläuft. Und es führt kein Weg an der Aussage vorbei: Es wurden und werden gravierende Fehler gemacht! (...) Seit der Mitgliederversammlung im September 2008 wird schon vorgebaut („notfalls mit Becker in die 2.Liga“) und Alibis werden vorgeschoben (Finanzen, Pech, Qualität, ...). Das frühzeitige Festlegen auf Personen und damit verbundene Jobgarantien nehmen den Leistungsdruck und die Verantwortung von Spielern, Trainer und Vereinsführung. (...) Wir fordern eine offene Auseinandersetzung auf allen Ebenen mit den hier angesprochenen Fragen und fordern alle auf, denen unser KSC am Herzen liegt: Macht mit! Redet, diskutiert und vor allem: Handelt dementsprechend!“. Zunächst an die gewählten Gremien, dann an die Mitglieder des Dachverbands der KSC-Fans ging diese Aufforderung, die Entwicklung des Vereins grundlegend zu diskutieren.

 

Doch offene Auseinandersetzungen scheut man im Wildpark, und den von den SUPPORTERS gewählten, internen Weg hat man im Präsidium präzise sofort verlassen. So ist Harald Linders Kommentar im KURIER vom letzten Freitag durchaus als Absage der Vereinsführung an seine kritischen Mitglieder und Anhänger zu verstehen, sich an irgendeiner Diskussion zu beteiligen. Als „Leichenfledderer“ und „profilierungsgeile Vereinsfunktionäre“ werden diejenigen im KSC-Umfeld beschimpft, die sich nicht Woche für Woche mit den gleichen Durchhalteparolen abspeisen lassen wollen und entgegen den derzeit Handelnden bereit sind, Personalentscheidungen dem Vereinsziel des maximal möglichen sportlichen Erfolgs unterzuordnen.

 

„Grenzenlose Arroganz“ wirft Linder den SUPPORTERS vor, die den Unmut ihrer Mitglieder in Form und Sache korrekt artikuliert haben, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte. Für Harald Linder nicht, aus seiner Sicht eint alle Kritiker der Vereinsführung der niedrige Impuls, obwohl der Kampf gegen den Abstieg nicht vorbei sei „schon jetzt auf die Suche nach den Schuldigen“ zu gehen. Dabei überhört er bestenfalls in seinem heiligen Zorn, dass die Supporters von VERANTWORTUNG und ALTERNATIVEN, nicht von Schuld sprechen, ein entscheidender Unterschied. Denn die Verantwortung tragen nunmal die Verantwortlichen, und wenn ihnen die eines Bundesligafußballclubs obliegt, müssen sie sich auch an der in der Tabelle ablesbaren Leistungsbilanz messen lassen.

 

Die derzeit amtierende Führung des KSC hat ausgedient - sportlich, wirtschaftlich und ideell. Wie will ein Trainer, dessen Maßnahmen im laufenden Spielbetrieb zu einer Negativbilanz fast ohne Beispiel geführt haben, einer verunsicherten und von Niederlagen gezeichneten Mannschaft noch glaubwürdig zutrauen in das eigene Leistungsvermögen vermitteln? Wie will ein Manager, der sich in zwei Transferperioden nicht in der Lage sah, die Probleme des KSC vor dem Tor substantiell zu lösen, der nach der Niederlage gegen Bielefeld leichenblass seine Ratlosigkeit in die Fernsehkameras artikuliert, einen Neuaufbau in der Zweiten Liga angehen? Und wie will erst ein Präsidium, das in der Phase der Euphorie während und nach dem Aufstieg keine grundlegende Verbesserung der Einnahmen oder die Lösung der Stadionfrage vorantreiben konnte, unter den Bedingungen der akuten Wirtschaftskrise den Verein handlungsfähig halten?

 

Die SUPPORTERS schreiben, sie „wollen keine Schlammschlacht“, doch die Art und Weise der diskursiven Auseinandersetzung innerhalb eines Vereins orientiert sich wohl kaum am Willen einer der beteiligten Parteien. Der grundsätzliche Dissens im KSC ist nicht mehr im Status quo aufzulösen, die „Schlammschlacht“ ist so gesehen nicht erst seit dem Brief  und der Reaktion des Präsidiums darauf in vollem Gange. Wer jetzt noch den Konsens und einvernehmliche Lösungen sucht, wird mit Sicherheit die geringste Möglichkeit haben, seine Vorstellungen durchzusetzen. Es wird bestimmt hässlich werden in den nächsten Wochen, aber noch hässlicher wird es, wenn diesem Konflikt aus dem Weg gegangen wird.


In diesem Sinne: Wir müssen da durch. Traut euch was. Ihr wisst, wer ihr seid.

Freitag, 20. März 2009

Bitte keine Sensation!

Ein Gastbeitrag von ka-fans.de-Talker "Fliege"

Es tut sich etwas im Umfeld des KSC. Der seit Wochen, ja Monaten gärende Unmut bahnt sich langsam seinen Weg an die Oberfläche. Sehr zaghaft noch, und weiterhin konsequent niedergebrüllt und niedergeschrieben - aber er wird immerhin öffentlich wahrgenommen. Verwaltungsrat Lüppo Cramer kritisiert öffentlich Manager Dohmen und Trainer Becker, stellt beide Personen in Frage. Und er tut das - so hoffe ich jedenfalls - nicht nur aus eigenem Antrieb, sondern als Spitze einer Opposition, die sich zu formieren beginnt und dabei ist, sich in Stellung zu bringen, um eine echte Alternative zur derzeitigen Führungsmannschaft zu bilden.

Die Supporters als Dachverband der KSC-Fans haben ihre Haltung der bedingungslosen Unterstützung aufgegeben und begeben sich auf Konfrontationskurs zu den Verantwortlichen. Zu zaghaft für meinen Geschmack, jedoch muss man berücksichtigen, dass die dort handelnden Personen ebenfalls verpflichtet sind, eine konstruktive Atmosphäre aufrecht zu erhalten, wenn man mit den Vereinsoberen nach wie vor im Gespräch bleiben will.Wie gesagt, es tut sich was.

Immer mehr Leuten wird klar, dass der KSC in eine Situation hineinschlittert, wo der Abstieg aus der ersten Liga nicht mehr die eigentliche Katastrophe darstellt, sondern nur einen Akt in einem Untergangsszenario, dessen wahre Tragweite noch niemand wirklich einzuschätzen vermag. Der Stein, der da ins Rollen kommt, kann dem KSC langfristig helfen. Viel mehr, als es ein kurzfristiger sportlicher Erfolg im Moment könnte. Darum lautet mein Wunsch für das morgige Spiel beim FC Bayern: Bitte keine Sensation!

Ein überraschender, vermutlich dem Zufall geschuldeter Erfolg bei den großen Bayern, das Spiel gegen den direkten Konkurrenten aus Mönchengladbach vor der Brust, das könnte die (meiner Meinung nach trügerische) Hoffnung aufkeimen lassen, dass ja vielleicht doch noch nicht alles zu spät ist. Und bis zum unvermeidlich bösen Erwachen werden dieses Mal sogar zwei Wochen ins Land gezogen sein, in denen man aktiv etwas tun könnte, um beim KSC die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen.

Damit hier kein Zweifel aufkommt: Auch ich wünsche mir nach wie vor, dass der KSC erstklassig bleibt. Ich habe in meiner Zeit als KSC-Fan schon so viel Unglaubliches gesehen, dass ich sage: Dann zurück zu kommen, wenn wirklich niemand mehr einen Pfifferling auf den Klassenerhalt gibt, wäre mal wieder so ein Fall, wo man sagen würde: "Typisch KSC..."Dennoch glaube ich, dass - mittelfristig gesehen - ein Erfolg in München eher kontraproduktiv wäre. Und wer angesichts der aktuellen Gesamtsituation sagt, dass bei zehn ausstehenden Partien noch alles drin ist, der wird sich auch nicht entmutigen lassen, wenn es nur noch deren neun sind.

Und darum: Bitte keine Sensation!

Mittwoch, 11. März 2009

Vor dem Endspiel gegen Bielefeld.

Es ist schon bezeichnend, wie weit in diesen Tagen die öffentliche und die veröffentliche Meinung auseinanderfallen. Während die Fans, am Samstag in Ihrem Block und in den Tagen danach in Ihren Internetforen und Blogs, deutlicher und vor allem fundierter als je zuvor die Ablösung von Ede Becker fordern, stellt sich die regionale Tagespresse demonstrativ hinter den Trainer. „Der 52-Jährige (...) ließ seine Mannschaft keineswegs Beton anrühren. Im Gegenteil: Der KSC, der sich als intaktes Team zeigte, suchte von vielmehr von Beginn an seine Chance in der Vorwärtsbewegung und präsentierte sich gut eingestellt“. Das am Samstag tatsächlich passable Aufbauspiel des KSC schreibt Gerhard Wolff am Dienstag in den BNN Trainer Ede Becker zu, während er einen Verantwortlichen für die sechs torlosen Spiele nach der Winterpause sowie die verkorkste Hinrunde nicht weiter suchen möchte.

 

„Dass als erster Kandidat hierfür der Trainer gefunden wird, gehört zu den scheinbar unumstößlichen Gesetzen des Fußballs, ganz ungeachtet der Realitäten. Die Realitäten in Karlsruhe indes besagen deutlich anderes. (...)“ weiß dagegen schon am Montag Frank Ketterer vom BADISCHEN TAGBLATT. Erlauben wir uns an dieser Stelle einen kurzen Blick auf die Realität der Tabelle: Platz 18 mit einer Differenz von minus 22 Toren. An dieser Kennziffer war bereits wesentlich früher in der Saison das Leistungsvermögen abzulesen, davon konnten wir jedoch in keiner der regionalen Zeitungen etwas lesen. 


Statt dessen erstaunt Gerhard Wolff in seinem Bericht für die BNN mit seiner Antwort auf die Frage, wie „den Profis bis zum „Spiel der Spiele" (Becker) endlich das Toreschießen beizubringen ist." Man glaubt es kaum: „Kollektiv zum Psychologen werden die Akteure nicht geschickt (...)." Nein? Wir brauchen keine Hilfe von Profis, die sich mit gruppendynamischen Prozessen von Mannschaften und mentalen Blockaden von Spielern bei ausbleibendem Erfolg  auskennen? Und das, obwohl seit Wochen die Verantwortlichen im Wildpark nicht müde werden zu betonen, dass die Gründe für das Versagen vor dem Tor allein in den Köpfen der Spieler und nicht etwa in Training oder Taktik zu suchen sind? Man meint beim Lesen dieser Zeilen direkt das Gelächter der Beteiligten zu hören, als das Gespräch auf dieses Thema kam.


Doch selbst das Spiel gegen Wolfsburg hätte für den eher das Kurzzeitgedächtnis benutzenden Beobachter Anlass zur konkreten Kritik geben können. Denn warum wechselte Becker, obwohl seine Mannschaft durchweg das Spiel machte, aber im Strafraum bei Flanken (überraschend durchsetzungsfähig war Christian Eichner) mit nur einem Spieler präsent war, nicht schon zur Halbzeit einen zweiten Stürmer ein? Und warum wechselte er dann auch noch mit Toni da Silva den aktivsten Offensivspieler anstatt den erneut enttäuschenden Christian Timm aus? 

 

Nicht nur über die Realitäten auf dem Platz, auch über die KSC-Fans hat man im BT eine Meinung: „Edmund Becker stieg über die grün-weiße Werbebande und schleppte sich in nachdenklicher Haltung zur Fankurve. Dann hielt der Trainer des Karlsruher SC inne - und kehrte um. „Becker raus!”, brüllten die wilden Kerle in den blau-weißen Klamotten. Mit den szeneüblichen Schuldzuweisungen versuchten also die badischen Bruddler, ihren Frust loszuwerden.“ Ich weiß nicht, mit was sich der BT-Autor Karl Koslowski in seinem Berufsalltag sonst befasst, mit den gut organisierten und ausgesprochen kommunikativen KSC-Fans offenbar nicht. 


Mal abgesehen davon, dass ein Fanblock wohl kaum in der Lage ist, mehr als choral auf irgendeinen Spielausgang zu reagieren – ihre Meinung zu Ede Becker haben sich die Fans, und gerade die, die in dieser Situation bis nach Wolfsburg fahren, in den letzten Monaten durchaus fachlich, fundiert und hintergründig gebildet. Herrn Koslowski sind diese Kommunikationsprozesse offenbar fremd, und das spricht eher gegen ihn als gegen die Fans.

 

Die haben sich unterdessen mit Vertretern der Mannschaft getroffen, um dieser ihre Unterstützung zu versichern:

„Im Zuge unseres Endspieles am Samstag haben wir uns heute mit einigen Spielern getroffen. Aufgrund der Kurzfristigkeit konnten leider nur ein paar Spieler den Termin wahrnehmen. Bei dem Gespräch dabei waren Eichner, Langkamp, Stindl, Federico und Unger. Ziele unseres Gespräches waren folgende:

Erstens haben wir den Spielern klargemacht, daß sie nie auf Pfiffe von der Haupttribüne oder anderen Blöcken hören dürfen. Vor allem sollen sie sich davon erst gar nicht einschüchtern lassen. Wir, die Kurve, sind der Puls des Stadions und solange wir hinter den Spielern stehen, ist es auch nicht schlimm, wenn mal ein Schuss in die Wolken geht oder ein Pass ins Leere. Wichtig ist, daß sich die Spieler was zutrauen und wir werden das honorieren.

Zweitens wollten wir der Mannschaft vor diesem so wichtigen Spiel nochmals den Rücken stärken und von ihnen wissen, ob es irgendwas gibt, was die Fans tun können, um die Jungs nochmal so richtig zu pushen, so daß die paar Prozent Selbstvertrauen und Motivation, die momentan fehlen, vielleicht durch uns in die Köpfe der Spieler zurückkommen.

Jedenfalls wollten WIR nichts unversucht lassen, um mit aller Macht gegen den drohenden Abstieg zu kämpfen.

Die Meinung der Spieler war in diesem sehr ehrlichen und durchweg positiven Gespräch einhellig:

Eine geile Stimmung wie zu dem Bremen-Spiel, bei der wir die Mannschaft schon vor dem Spiel heiß sangen, das wäre es, was die Spieler wiederum total pushen würde. Schon beim Warmlaufen hat damals jeder in der Mannschaft gewußt, daß heute nur der KSC als Sieger vom Platz gehen wird.

Und genau das werden wir auch am Samstag machen.


Hier der Aufruf an ALLE KSC-Fans:

Geht so früh wie möglich in eure Blöcke und macht vor und natürlich während dem Spiel das, wofür Gott euch bestimmt hat.

Seid KSC-Fans und singt und brüllt für eure Mannschaft. Niemand soll (und wird) behaupten können, daß es an uns gelegen hat.

Sorgt dafür, daß möglichst viele Fans diese Zeilen lesen, damit auch diese Aktion ein Erfolg wird.“ 

(aus einer Rundmail der Fanzene)

Donnerstag, 5. März 2009

KSC - VfB Stuttgart 0:2

Achtung, dieser Beitrag fällt umfangreicher (und persönlicher) aus als gewohnt und besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus meinem Erlebnisbericht vom Sonntag - halten Sie durch, es lohnt sich. Auf die sportliche Analyse verzichte ich heute, ich denke die Mannschaft und vor allem dieVerantwortlichen geben derzeit ein allzu deutliches Bild ab, sodass mir eine Deutung durch meine bescheidene Stimme überflüssig erscheint. Im Übrigen verweise ich auf den Beitrag des ka-fans.de User „Fliege“, der in seinem „Offenen Brief an Herrn Dohmen“ alles sagt, was zu sagen ist. Und bitte denken Sie daran: Noch ist nichts endgültig verloren.

 

„Nach dem Schlusspfiff brannte der Wildpark“ betitelt das WOCHENBLATT am Mittwoch seinen Sportteil, im dazugehörigen Artikel kommen der gewohnt gut informierte Johannes Wagner und sein „Mitarbeiter“ Hartmut Mayer dann auch sofort auf den Punkt. Es wären „Szenen wie aus einem Katastrophenfilm“ zu sehen gewesen, ein „noch nicht gekanntes Ausmaß an Gewaltbereitschaft“ habe sich vor den Toren des Wildparkstadions aufgetan. Schnell und eindeutig sind auch die Schuldigen der Ereignisse ausgemacht: „Vor allem die Karlsruher „Fans“ zeigten sich als schlechte Verlierer. (...) von wegen Selbstregulierung (...) der im Kreuzfeuer der Kritik (ein in diesem Zusammenhang sehr passendes Bild, vielen Dank Herr Wagner, selten so gelacht) stehenden Ultras. (...) Wer in die Gesichter der Problemfans (der Ultras?) während der „Schlacht“ (schon wieder Anführungszeichen) blickte, sah oft sichtliche Freude an gezielten Übergriffen“. Erstaunlich, dass es - zumindest in Karlsruhe - bis Mittwoch dauerte, um die Ultras (also die Problemfans – oder andersherum?) in die Verantwortung zu nehmen. In einem von mir gerne frequentierten popkulturellen Internetforum wollten dies, an Krawallen Interessierte aus Dortmund und Hoffenheim, schon am Sonntag Abend gewusst haben.

In Darstellung und Beurteilung der Sachlage sind sich BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN, die überregionalen Tageszeitungen aus dem Qualitäts- und Boulevardsegment sowie die angeschlossenen Funk- und Fernsehkanäle einig, und wer nur irgendwie kann, äußert Betroffenheit und Empörung ob des Geschehenen. Schnell sind Schlagzeilen geschrieben, in der Sache folgt man blind einer Pressemitteilung der Karlsruher Polizei, kritische Nachfragen über Sinn und Zweck derer Maßnahmen bleiben aus. Denn Zeit ist Geld: Informationen sind Waren, sie müssen schnell und vor allem erfolgreich verkauft werden, dazu sollten sie in ihrer Struktur eher unterkomplex sein und inhaltlich möglichst dem Bild entsprechen, das die Mehrheit von den Verhältnissen sowieso schon hat. Die Damen und Herren der vierten Gewalt wollen ja auch von etwas leben.

Überraschenderweise macht an dieser Stelle der sonst eher biedere lokale Internet-Nachrichtenanbieter ka-news.de eine wohltuende Ausnahme, in dem er in zumindest einem Diskussionsbeitrag eine etwas andere Sicht auf die Dinge zulässt. Denn eins fällt auf: vergleicht man die Pressemitteilung der Karlsruher Polizei und die von ihr abgeleiteten Berichte in der Presse mit Beiträgen von Augenzeugen aus Internetforen und Blogs, sowie mit den auf youtube.com zur Verfügung gestellten Bilder, kommen schnell Zweifel am Gerede von den „scheinbar nicht zu verhindernden Ausschreitungen“, an der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel, und nicht zuletzt an der Zweckmäßigkeit des ganzen Einsatzes auf.

 

Die Busblockade

„(...) Rund 150 dieser Fans fielen vor dem Eingang Ost des Wildparkstadions erneut durch das Abbrennen von Pyrotechnik und durch Werfen von Flaschen und Gegenständen auf. Da sich zahlreiche Mitglieder dieser gewaltbereiten Gruppe zudem vermummten und dies auch nach mehrmaliger Aufforderung des Polizeieinsatzleiters nicht unterließen, wurde die Gruppe aus Stuttgart in Polizeigewahrsam genommen und noch vor dem Spiel mit Bussen abtransportiert.“ (Anmerkung: Ich denke nicht, dass es in jeder Situation notwendig ist, bestimmte Rechtslagen durchzusetzen. Man kann auch übergeordnete Einsatzziele definieren.)

Unterdessen versuchte eine Gruppe von 250 KSC-Anhängern den auf dem Adenauerring nahenden Mannschaftsbus des VfB Stuttgart anzugreifen. Die Polizei musste die Karlsruher Fans auch mit dem Einsatz von Polizeireitern zurückdrängen. Um eine mögliche Gefahr für Stuttgarter Spieler auszuschließen, nahm der beschädigte Mannschaftsbus mit einer Polizeieskorte einen anderen Weg ins Stadion.“

So die Darstellung in der Pressemitteilung der Polizei. Ich habe mich zu dem Zeitpunkt, als die Stuttgarter wohl die Pyrotechnik zündeten, wie viele KSC-Fans am „Nackten Mann“ befunden, der Bus der KSC-Mannschaft sollte hier gebührend empfangen werden. Plötzlich waren, man kann es nicht anders sagen, schwere Erschütterungen zu spüren. Die Stuttgarter Pyrotechnik muss heftig gewesen sein (daher die Knalltraumata der Beamten?) – wie viele andere zog es mich aus Neugier Richtung Eingang Ost, um ein Auge auf das Geschehen zu werfen. Nach und nach strömten immer mehr Neugierige Richtung Absperrung, mindestens hundert Fans standen bereits am Eingang hinter der Gegengeraden und kamen auch dazu. Die Polizei war hinter der Absperrung offensichtlich gerade dabei, die 150 Stuttgarter Fans wegen Pyrotechnik und des Verstoßes gegen das Vermummungsverbot zu verhaften, es gab also objektiv „was zu sehen“. Da kam der Karlsruher Bus an.

Dieser wurde gefeiert und passierte die Menge, die nun auf der Straße stand. Und prompt kam auch drei bis vier Minuten später der Stuttgarter Bus an die Absperrung und genau an dieser Stelle wird es interessant. Denn die meisten Leute waren eher überrascht von dieser Situation und – zugegeben - durchaus belustigt sowie großmäulig. Ich habe mich die komplette Zeit an der vordersten Linie der Menge, die nebenbei bemerkt eher 500 als 250 Personen umfasste, aufgehalten, konnte aber bis auf eine Leuchtkugel, die noch vor der Absperrung runterging keiner Anzeichen von Angriffen auf den Bus erkennen. Von einem Zurückdrängen der Karlsruher Fans durch Reiterstaffeln war ebenfalls nichts, aber auch gar nichts zu erkennen.



Woher diese Information kommt, keine Ahnung – sie ist schlichtweg falsch. Sogar vereinzelte Stuttgarter Fans liefen die ganze Zeit (durch die Karlsruher Menge) in die Richtung „Nackter Mann“ und ich habe nicht gesehen, dass diese irgendwie angegriffen oder massiv angepöbelt wurden. Mein Punkt ist: der Eindruck, den die Polizei erweckt, dass nämlich 250 zu allem entschlossene und gewaltbereite Fans geplant den VfB-Bus angegriffen hätten oder dies wollten, ist absolut nicht haltbar. Vielmehr kamen einige Umstände zusammen, in deren Folge eben ca. 500 Zuschauer auf der  Straße standen und sich an der Absperrung versammelt haben. Geschenkt, dass diese Ansammlung auf den Stuttgarter Busfahrer nicht gerade einladend gewirkt haben kann.

Die BILD präsentierte auf ihrer Internetseite neben einem Video, dass die Angriffe auf den Bus dokumentieren soll –  aber nur zeigt dass eben dies gerade nicht passiert – auch schnell Bilder des schwer beschädigten Gefährts, wobei aber mehr als zwei kleine Dellen auch bei noch so starker Vergrößerung nicht auszumachen sind. Vermutlich verursacht durch zwei Bierflaschen. Das ist natürlich nicht schön. Dennoch: Geschosse aus Bürgerkriegsgebieten hätten hier sicher kapitaleren Schaden angerichtet. Ich habe im Prinzip kein Interesse daran, der Polizei Verbesserungsvorschläge zu machen, aber wäre beispielsweise der Eingang  hinter der Gegengerade geschlossen geblieben und die ganze Absperrung 200 Meter in Richtung „Nackter Mann“ gelegt worden – diese Situation hätte durchaus verhindert werden können.

 

Auf dem Birkenparkplatz

Nach dem Spiel und dem kurzen Applaudieren der Mannschaft, beim Hinuntergehen der Treppe hinter der Gegengeraden, war bereits eine Leuchtkugel zu sehen, die scheinbar von Seite der Stuttgarter Busse in Richtung Karlsruher Seite gefeuert wurde. Viele Zuschauer drängten sich den gewohnten Weg Richtung Durlacher Tor, und standen bald an der immer noch bestehendeN Absperrung. Gleichzeitig begann die Polizei, Stuttgarter Fans in Richtung ihrer Busse auf dem Birkenparkplatz zu drängen. Ein folgenschwerer Fehler – aber leider nicht der letzte an diesem Abend. Während also sehr viele Karlsruher in ihrem gewohnten Heimweg blockiert waren und die ersten Stuttgarter an ihren Bussen ankamen, sammelten sich durchaus Gewaltbereite, in der Mehrzahl aber doch eher Erlebnisorientete und vor allem junge Leute an der Absperrung am Birkenparkplatz. Schnell war etwas Rauch entfacht, Leuchtkugeln flogen (ich habe drei gezählt, die Youtube-Videos zeigen meiner Meinung nach  ich auch nicht mehr), ein paar (ich habe fünf gezählt, andere sprechen  von sechs) Verrückte, die tatsächlich versuchten, diese Absperrung zu überschreiten. Schauen wir uns aber auch hier die Videos von der Stuttgarter Seite an, so fällt auf, dass der Sicherheitsabstand offensichtlich groß genug war, um die Stuttgarter Zuschauer zu schützen.

 

Die Polizei entschloss sich nun, den Parkplatz zu räumen – und sorgte so erst recht für Gefahr. 15er Gruppen Einsatzkräfte, in Ketten sich bewegend, vermummt, schwer gepanzert und - tatsächlich - wild brüllend um sich schlagend, trieben nun die Masse zurück in Richtung Adenauerring, direkt auf die Wartenden zu. An dieser Stelle vermischte sich die Menge mit den weiter aus dem Stadion strömenden Menschen, und weiter zurück Richtung „Nackter Mann“. Es gab die ersten Verhaftungen durch nicht gerade zimperliche Zivilkräfte, die auch mit Stangen auf  am Boden liegende einschlugen. Hier begannen nun tatsächlich Einige aus der Menge im Rückzug mit Gegenständen zu werfen, ich selbst wurde nur knapp von einem Barhocker verfehlt. Allein – es gab kaum etwas zum Werfen.


 


Die Polizei rückte weiter vor, die Beamten brüllten, schlugen wild um sich – ein Teil der Menge konnte am „Nackten Mann“ auf die Seite weichen, während viele Zuschauer weiter von den Einsatzkräften in Richtung Mühlburger Tor getrieben wurde. Nochmal flogen 3 -4 Bengalos in Richtung Polizei. Ich selbst habe mich an ab diesem Punkt am „Nackten Mann“ aufgehalten und bin, nachdem sich dann die Lage an dieser Stelle langsam beruhigt hatte, an der Haupttribüne vorbei Richtung Schloß in die Stadt zurück.


Fazit

Ich bin mir absolut sicher, dass sich die Ereignisse vom Sonntag, unter Berücksichtigung der seit Jahrzehnten üblichen Menschenströme um das Wildparkstadion, durch klare Einsatzziele, eine flexiblere und weniger bornierte Einsatzleitung, durch eine bessere Vorbereitung und vor allem eine im Vorfeld weniger an der zu erwartenden Gewalt faszinierte Medienberichterstattung hätte verhindert werden können. Wären die Stuttgarter Fans, wie in Europapokalspielen üblich und vielen Karlsruhern von zahlreichen Auswärtsspielen ebenfalls bekannt, einfach noch 60 Minuten in ihrem Block oder zumindest im Bereich im Eingang Ost festgehalten worden, hätte sich gar nicht erst diese Menge auf dem Adenauerring bilden können, tatsächlich und unbedingt gewaltbereite Gruppen hätten schnell ohne Behelligung Unbeteiligter des Platzes verwiesen werden können. Wäre der Stuttgarter Mannschaftsbus von vornherein über das Mühlburger Tor zum Stadion geleitet worden, wäre es nie zu einer „Blockade“ gekommen. Es sind eben manchmal Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen.

Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, wären bestimmte Zuschauergruppen eben nicht gewaltbereit, sondern friedlich, verantwortungsbewusst oder einfach nur ein wenig älter und somit vielleicht charakterlich gefestigter, würden all diese hässlichen Sachen nicht passieren. Weit kommt man mit so einer Haltung aber nicht, die Welt sieht im übrigen Tag für Tag Schlimmeres und wären die Menschen eben anders als sie sind, bräuchten wir vermutlich keine Armeen, keine Polizei, Zäune und ABUS-Sicherheitsdoppelschlösser an Fahrrädern. Zielführend ist anders.

Erschreckend finde ich in diesem Zusammenhang vor allem die völlige Kritiklosigkeit der Medien, die offensichtlich völlig verlernt haben, kritisch nachzufragen. Warum der VfB-Bus trotz der angebliche heftigen Angriffsversuche zahlreicher Karlsruher gerade mal 2 kleine Dellen aufweist, hätte durchaus mal jemandem auffallen können. Nur so als Beispiel. Aber an einer stringenten Darstellung, einer schlüssigen Chronologie der Ereignisse scheint niemand wirklich interessiert zu sein. Gerade diese ist aber unerlässlich um eine tatsächliche Einschätzung der Lage zu bekommen und Widersprüche aufzudecken.

Es mag angesichts der hier beschriebenen Ereignisse verrückt klingen, aber eine Lehre des vergangenen Sonntag muß auch sein, die Bedürfnisse der organisierten und aktiven Fans in ihren traditionellen Formen der Fan-Clubs und ihren Ultra-Gruppen einfach wieder ernster und sie tatsächlich auch in die Verantwortung zu nehmen. Zu einem übergroßen Teil sind hier sehr intelligente, verantwortungsbewusste junge und alte Leute zu finden. Wenn ich lese, dass 150 Leute wegen Pyrotechnik und Vermummungsverbot festgesetzt werden, drängt sich doch die Frage auf, warum es nicht die Möglichkeit geben soll, diese kontrolliert und offen abzubrennen. In jedem Angelverein gibt es einen Gewässerwart, warum kann es nicht in Fan-Clubs einen, beispielsweise in der Freiwilligen Feuerwehr aktiven, Pyrotechnik-Wart geben. Diese könnten, gemeinsam mit Ordnern vor Ort und nach Absprachen, an dafür vorgesehenen und gesicherten Stellen eben diese Form der Stimmungsunterstützung  koordinieren. Das wäre nur ein möglicher Ausweg aus der derzeit doch etwas eingefahrenen Situation. Denkverbote helfen aber nicht weiter, mehr Polizei schon gar nicht.

 

Nachtrag

Während des Spiels, beklagt ebenfalls im WOCHENBLATT der  enorm meinungsfreudige Kolumnist KArle (genau, der mit der Kapp´) was eine „hoch gelobte Initiative „BLAU-WEISS statt BRAUN“ nutzt, wenn im Fanblock der faschistische Hohngesang „Schwaben sind zum Heizen da“ angestimmt wird. Ich kann hier nur für die Gegengerade sprechen, auf der eben dieser Gesang einmal aufkam und vom Vorsänger Daniel mit Hilfe des L-Block schnell und zielsicher durch andere Gesänge übertönt wurde. Genau das ist Konsens in der aktiven Szene, der immer wieder neu ausgehandelt und erkämpft werden muss – dank auch der Stimme der Initiative „BLAU-WEISS statt BRAUN“.

Offener Brief an Herrn Dohmen

Meine Aufarbeitung des Derby-Wochehende beginnt aus diversen Gründen leider sehr spät, und bevor an dieser Stelle von den bekannten Ereignissen die Rede sein soll, hier vorab die Dokumentation eines herausragenden Beitrag des Users "Fliege" aus dem Archiv des KA-FANS.de-Talk:   



Sehr geehrter Herr Dohmen!


Wahrscheinlich ist der Zeitpunkt ein schlechter - wer einen Tag nach dem verlorenen Derby "Becker raus" fordert, dem wird man nicht zu Unrecht unterstellen, dabei von heftigen Emotionen geleitet zu sein. Obwohl man leider zu gut darin geübt ist, den Schmerz einer Niederlage zu verarbeiten, tut das verlorene Spiel gegen Stuttgart natürlich besonders weh. 


Ich habe - nicht erst seit dem gestrigen Spiel - jeden Glauben daran verloren, dass Ede Becker als Cheftrainer des KSC noch in der Lage ist, das Ruder herum zu reißen. Denn noch immer ist er davon überzeugt (und Sie vermutlich auch), dass sein Konzept das richtige ist und sich der Erfolg bei konsequenter Fortführung schon noch einstellen wird. Leider sprechen die Zahlen der letzten zwei Jahre eine andere Sprache, und wenn sie eine Prognose zulassen, dann höchstens die, dass es noch schlimmer werden wird.


Es ist kaum vorstellbar, dass ein einziges Spiel die Entwicklung eines Vereins über einen derart langen Zeitraum maßgeblich prägt, doch genau das ist bei uns passiert. Am 20.11.06 spielte der KSC gegen Hansa Rostock und führte nach 78 Minuten mit 4:1. Wie im Rausch rannten die Karlsruher immer noch pausenlos nach vorne - und dem Gegner ins offene Messer, mit bekanntem Ausgang. Nie mehr solle so etwas passieren, schwor sich Ede Becker an diesem Abend, und er sollte Recht behalten - leider.


Bis zum Spiel gegen Rostock erzielte der KSC in der zweiten Liga 2,5 Tore pro Spiel, was einen Punkteschnitt von 2,2 zur Folge hatte. Ab diesem Zeitpunkt verordnete Becker der Mannschaft eine defensivere Ausrichtung. Seither ist es dem KSC in 77 Erst- und Zweitligaspielen noch genau ein einziges Mal gelungen, mehr als drei Tore zu erzielen.


Noch in der zweiten Liga sank die Torausbeute ab dem Rostock-Spiel bis zum Saisonende 06/07 auf durchschnittlich 1,6 Treffer und es wurden als Folge davon nur noch 1,8 Punkte je Spiel geholt. Immer noch tolle Werte, aber eben schon der Beginn eines Trends.


Die defensivere Ausrichtung hat also dazu geführt, dass im Schnitt fast 1 Tor pro Spiel weniger erzielt wurde. Darum ist es besonders interessant zu wissen, wie viel zusätzliche Sicherheit diese Umstellung gebracht hat.


Die Antwort ist ernüchternd: Vor dem Rostock-Spiel hatte der KSC in zwölf Spielen ebenso viele Gegentore hinnehmen müssen. Nach diesem Spiel (die vier Gegentore wohlbemerkt nicht mitgerechnet) waren es 25 Gegentore in 21 Spielen, ein Schnitt von rund 1,2. Schon zu Zweitligazeiten war also zu erkennen: Das taktische Defensivkonzept sorgt für eine deutliche Reduzierung der eigenen Torerfolge bei gleichzeitig erhöhter Anfälligkeit für Gegentreffer. Der sportliche Erfolg und die insgesamt noch positive Bilanz haben dies noch überdeckt.


Dann kam der Aufstieg und die sensationelle Vorrunde der Saison 2007/2008.
Aber wie sensationell war sie wirklich? 18 der 28 Punkte wurden aus den ersten 9 Spielen geholt, danach folgten 10 Punkte aus acht Spielen - ein Wert, mit dem man im Kampf gegen den Abstieg im Soll ist - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Ohne etwas schlechtreden zu wollen: Der KSC hatte nach dem Aufstieg einen phantastischen Start in die erste Liga, mehr nicht.


Um die Tor-Statistik fortzuführen: 1,1 Tore für und 1,2 gegen den KSC in der Vorrunde 07/08. Vorne etwas weniger erfolgreich, hinten stabil geblieben im Vergleich zur zweiten Liga - damit konnte man durchaus noch zufrieden sein.


Dann kam die Rückrunde 07/08: In der Offensive blieb der Wert konstant, aber es wurden 1,9 Tore pro Spiel kassiert und nur noch 15 Punkte geholt. Die Gründe dafür sind, das muss man zugestehen, weniger im taktischen Bereich zu suchen, da waren andere Faktoren ausschlaggebend.


Dennoch hat sich der Trend, immer weniger Tore zu erzielen und immer mehr zu kassieren, auch in der Hinrunde 08/09 fortgesetzt. Zur besseren Übersicht fasse ich nochmal zusammen: 


(Tore/Gegentore - Punkte, Durchschnittswert)


2. Liga 06/07, bis zum Rostock-Spiel

2,5 / 1,0 - 2,2

2. Liga 06/07, nach dem Rostock-Spiel

1,6 / 1,2 - 1,8

1. Liga 07/08, Hinrunde
1,1 / 1,2 - 1,6

1. Liga 07/08, Rückrunde
1,1 / 1,9 - 0,9

1. Liga 08/09, Hinrunde
0,9 / 1,9 - 0,8

1. Liga 08/09, Rückrunde bisher
0,6 / 1,4 - 0,8


Mit einem Schuss Zynismus könnte man jetzt sagen: Das defensive Konzept greift seit der Rückrunde endlich. Zwar schießen wir jetzt praktisch gar keine Tore mehr, aber wir bekommen auch wieder weniger.


Davor kann man nicht mehr die Augen verschließen. Es findet, offenbar ausgelöst durch ein traumatisches Ereignis, seit mehr als zwei Jahren eine negative Entwicklung statt, und an dem zugrunde liegenden Konzept wird stur und uneinsichtig festgehalten. Das gern benutzte Argument, dies sei auch eine Frage der Spielerqualität, kann man nicht gelten lassen. Von der Stammelf der Rückrunde 07/08 standen im Spiel gegen Stuttgart lediglich Miller, Görlitz, Eichner und Freis in der Startformation.


Der KSC hat Ede Becker viel zu verdanken, er hat ihn aus den Niederungen der zweiten in die erste Liga geführt, dafür gebührt im Respekt und Anerkennung. Aber er hat eben genau so die sportliche Verantwortung für das zu übernehmen, was sich seit über einem Jahr abspielt. Würde man die Spiele seit dem letztjährigen Rückrundenauftakt detailliert auswerten, käme man zu dem Ergebnis, dass die Kurve immer weiter nach unten zeigt. Woher soll man da den Optimismus nehmen, dass dies plötzlich anders werden könnte?


Denn es sind eben weder Pech noch sonstige gern bemühte Umstände - nein, was wir erleben, ist das verlässliche Ergebnis einer verfehlten Strategie, und diese Ergebnisse werden so lange konstant bleiben, wie man an dieser verfehlten Strategie festhält - egal in welcher Spielklasse.


Abgesehen von der sportlichen Einstellung wirkt Ede Becker auf mich rat- und ideenlos - und vor allen Dingen geht ihm die überlebensnotwendige Leidenschaft in solch kritischen Zeiten völlig ab. Er war noch nie ein Rumpelstilzchen an der Seitenlinie, aber wenn man sieht, wie er die Spiele seiner Mannschaft fast schon lethargisch verfolgt, kommt man schnell zu dem Schluss: da ist kein Feuer mehr.

Und genau so tritt auch die Mannschaft auf.


Es tut mir weh zu sehen, wie die Person Ede Becker Woche für Woche an Ansehen verliert. Aber noch mehr tut es mir weh zu sehen, wie seine falschen Vorgaben meinen Lieblingsverein im freien Fall in die Zweitklassigkeit stürzen lassen. Und meine schlimmste Befürchtung ist, dass damit das Ende der Entwicklung noch nicht erreicht ist, denn die Zahlen sprechen für sich.


Mutloses, defensives Spiel - damit ist der KSC einst unter Köstner in der zweiten Liga auf einem Abstiegsplatz gelandet.

Sein Nachfolger ist gerade dabei, diesen Fehler zu wiederholen, und es sollte mich nicht überraschen, wenn er den KSC eines Tages genau dorthin zurückbringt, wo er ihn dereinst übernommen hat. Noch ist Zeit und Gelegenheit, dies zu verhindern.



Fliege
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Eintrag 997633 - Montag, 02.03.2009 um 10:44:43 Uhr