Sonntag, 8. Februar 2009

KSC - Hamburger SV 3:2

Nur ein Stürmer? Hitzig diskutierte die Gegengerade kurz vor Anpfiff der Begegnung gegen Hamburg die Aufstellung des KSC. Der Vertrauensverlust der Anhänger nach dem Start ins neue Jahr, in die Mannschaft im Allgemeinen und die Sportliche Leitung im Besonderen, sorgte für eine zunächst spürbar widersprüchliche Kulisse. So mischten sich zwischen die trotzigen und entschlossenen Anfeuerungen immer wieder böse Vorahnungen und Fragen nach Mahir Saglik, den bereits verzweifelte Zuschauer fest als zweite Spitze in diesem Spiel eingeplant hatten. Diese wechselnden Gemütslagen sollten sich auch bis kurz vor Schluss nicht ändern, Euphorie ob gelungener Zweikämpfe und wüste Beschimpfungen einzelner Akteure nach Ballverlusten wechselten sich schnell ab. 

 

Dass Becker, trotz des vielgeschmähten 4-2-3-1, eine offensivere Ausrichtung seiner Mannschaft auf das Feld schickte, wurde dann aber schnell deutlich. Mit dem kämpferischen Antonio da Silva auf der zweiten Sechserposition und Lars Stindl im linken Mittelfeld darf sich der Trainer rühmen, einen zumindest kleinen Coup gelandet zu haben. Der Verantwortung für die Ausführung der Standards entledigt, spielte Da Silva aggressiv, gewann viele Zweikämpfe und gefiel als stets präsenter Anspielpartner für und Ballverteiler in die Offensive. Stolze 58 Pässe, davon 46 erfolgreich, verzeichnet die offizielle Statistik der DFL, der Topwert in diesem Spiel - und so zeigte sich selbst die Haupttribüne mit dem einst als Spielmacher Vorgesehenen wieder versöhnt.

 

Jedoch - zunächst fing alles an wie gehabt. Massives kollektives Versagen führten erneut zum frühen Rückstand, und entgegen der scheinbar eindeutigen Schuldzuweisung an Marco Engelhardt durch die Tribünen sei hier darauf hingewiesen: Mindestens 4 weitere Karlsruher waren an diesem Gegentor beteiligt. Da Silva und Celozzi schauten sich seelenruhig den Zweikampf  knapp auf Höhe des Hamburger Strafraum an, und trotzdem Engelhardt in seiner Not die Balleroberung durch Guerrero verzögerte, konnte sich keiner der beiden entschließen, einzugreifen. Auch die Innenverteidigung, an die das Problem auf diese Weise weiterdelegiert wurde, schaute zu – während der in der Folge starke Drpic nur halbherzig auf den ballführenden Jarolim geht, versäumt es Sebastian, den Torschützen ins Abseits zu stellen. Reden wir vom 0:2 lieber erst gar nicht.

 

Denn der banalen Erkenntnis, dass Tore meist nach Fehlern fallen, folgt in Karlsruhe die Gewissheit, dass nach Fehlern in der Regel Tore fallen. Doch davon machte der Hamburger SV, trotz deutlich besserer Ballkontrolle und stringenteren Kombinationen, zum Glück auch genug. Der dänische Abwehspieler Michael Gravgaard gab sich die Ehre und patzte zu seinem Bundesligaeinstand gleich drei Mal auf kapitale Weise – in ihm fand die Karlsruher Offensive gestern ihren verlässlichsten Verbündeten auf Hamburger Seite.

 

Bei aller Freude über ein erneut denkwürdiges Spiel im Wildpark – gewinnen kann der KSC derzeit offensichtlich nur gegen Spitzenteams, die sich ihrer Sache etwas zu sicher sind. Ede Becker hat dies nach dem Spiel bereits als psychologisches Problem seiner Mannschaft benannt – wie er dies lösen will, bleibt zu beobachten. Es wird für den Klassenerhalt mehr brauchen als diese seltsame Mischung aus schon verloren geglaubtem Spiel, dem Mut der Verzweiflung und einer gehörigen Portion Glück. Gelegenheiten wie die von vergangener Woche in Bochum, den Abstand auf einen Konkurrenten auf 5 Punkte zu erhöhen, sollten bald einmal genutzt werden.

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