Dienstag, 25. August 2009

1860 München - KSC 1:3

„Ich weiß schon, was ich will, welchen Fußball ich sehen möchte.“ Es liegt in dieser Aussage wahrscheinlich eben jener Unterschied begründet, den Markus Kauczinskis Arbeit zu der Ede Beckers ausmacht – die sich zuletzt eher in dem Satz „Ich weiß schon, wen ich Fußball spielen sehen möchte“ zusammenfassen lässt. Wer diese Woche die Trainingseinheiten nach der längst überfälligen Entlassung des „treuen“ aber erfolglosen Cheftrainers beobachtet hat, dürfte während des Spiels gegen die Münchner Löwen das eine oder andere Déjà-vu-Erlebnis gehabt haben.

Immer wieder ließ Kauczinski in den letzten Tagen das Verschieben mit und gegen den Ball, das Annehmen und direkte Weiterspielen, die langen Bälle in die Spitze üben. Immer wieder schaltete er sich direkt in die Übungsformen ein und stoppte diese, sobald die Konzentration bei dem einen oder anderen Akteur nachließ. Glasklare Ansagen, konstruktive und vor allem zeitnahe Kritik und immer wieder der Hinweis auf bessere Lösungsmöglichkeiten für die gerade vorliegende Spielsituation mit direktem Bezug zum erwarteten Spiel der Münchner kamen bis hinter den Zaun des Trainingsplatzes an, und somit wohl auch in die Köpfe der Spieler. Bis in das Abschlusstraining hinein testete Kauczinski verschiedene personelle Varianten in Mittelfeld und Abwehr, sodass sich kein Spieler ob des sicheren Platzes in der Startelf mit dem Kopf anderen Dingen zuwenden konnte.

Konzentration, Antizipation, Schnelligkeit und sauberes Spiel forderte der „Interimstrainer“ wiederholt von seinen Spielern ein, und deutlicher als durch das Gegentor konnte es gestern seinen Schützlingen wohl nicht vor Augen geführt werden, wohin es führt, fehlt nur einer dieser Parameter im eigenen Spiel. Mit dem schlampigen Ballverlust von Stindl, dem verspäteten und halbherzigen Einrücken von Demirtas sowie dem wiederholt lustlosen Stören von Dripic wird sich die Mannschaft heute in der Nachbetrachtung sicher noch einmal auseinandersetzen müssen. Beherzigten sie aber die genannten Tugenden, schien auf einmal eine Mannschaft auf dem Platz zu stehen, die erstmals seit langem eine kollektive Idee vom systematischen Erreichen des Torerfolgs hatte und in der die einzelnen Akteure sich ihrer individuellen Aufgaben bewusst waren.

Inwiefern dieses neue Auftreten der Mannschaft nun tatsächlich auf die Arbeit von Kauczinski zurückgeführt werden kann, und/oder welchen Anteil die „Befreiung“ vom in der Mannschaft zuletzt ungeliebten Ex-Trainer für das gezeigte Engagement hatte, bleibt vorerst offen. Fakt ist jedenfalls, dass die Umstellungen gegriffen haben, der Systemwechsel auf 4-4-2 das Offensivspiel für den Gegner wesentlich unberechenbarer machte und es dem KSC im Spiel gegen den Ball gelang, die Räume effektiv zu verengen. Und auch neben dem Platz konnte Kauczinski durch schlichte aber klare Aussagen, die eher die eigenen Stärken als die des Gegners unterstrichen und kaum für die Mannschaft als Alibi taugten, überzeugen.

Ganz im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten Rolf Dohmen. Der mittlerweile physisch vom Kampf um seinen Job immer deutlicher gezeichnete Manager sorgte bereits vor dem Spiel für Irritation, als er erneut und wider aller Erkenntnisse der letzten Wochen in „mangelnder Geschlossenheit“ den hauptursächlichen Grund für den sportlichen Niedergang der letzten Monate ausmachte. Zur Halbzeitpause verlor er dann kurzfristig die Fassung ob des erstaunlich gut vorbereiten Sky-Reporters, der die auf der Hand liegende Frage formulierte, warum Christian Timm in den letzten zwei Jahren nicht einmal als Sturmspitze eingesetzt wurde.

Dass Dohmen nun mit dem Anforderungsprofil „Er muss sich mit dem KSC identifizieren, Strukturen akzeptieren und darf nicht gleich neue Spieler fordern“ auf Trainersuche geht, zeigt mehr als deutlich, dass es in der sportlichen Leitung mit einer selbstkritischen Aufarbeitung der letzten Monate nicht weit her ist. Hier wird nicht nach einem kreativen Kopf gesucht, dessen tägliche Arbeit auf dem Trainingsplatz unter Umständen auch personelle und strukturelle Konsequenzen nach sich ziehen würde, sondern nach einem Sachzwangverwalter, der sich in die bestehenden Verhältnisse möglichst geräuschlos einzufügen bereit ist. Und sein Gesichtsausdruck eines beim Wassereisklauen erwischten Schulbubs auf die Frage, ob Petrik Sander ein Thema für den KSC sei, dürfte dem einen oder anderen KSC-Fan in Schrecken versetzt haben.

Das Rücktrittsangebot Dohmens, sollte es denn, wie „exclusiv“ im sky-Interview gestern verkündet, tatsächlich vor sechs Wochen vom Präsidium abgelehnt worden sein, stellt in diesem Zusammenhang eine weitere, fahrlässig vergebene Chance auf einen tatsächlichen Neuanfang dar. Zu hoffen bleibt derzeit nur, dass es tatsächlich durch eine Terminverschiebung zu einer satzungsgemäßen Mitgliederversammlung noch im September kommt, bei der zunächst die Verhältnisse im Verein geklärt werden könnten, bevor hier eine am Ende ihrer Möglichkeiten angekommene Vereinsführung noch Verträge unterzeichnet und damit Weichen für eine Zukunft stellt, die bald auf einem Abstellgleis endet.

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