Sonntag, 7. Juni 2009

Rückfälle

Zur Diskussion hier ein Leserbrief, nicht nur an den Blog C3, zum Abstieg des KSC. 

Vor nicht all zu langer Zeit stieg der 1. FC Kaiserslautern völlig überraschend aus der 1. Bundesliga ab, woraufhin fast alle Spieler dennoch dem Verein die Treue hielten, ein Jahr später den Wiederaufstieg schafften und sensationell Deutscher Meister wurden.

Parallelen zu Karlsruhe 2009 gibt es leider keine: Die für den Misserfolg primär Verantwortlichen, nämlich die Spieler, schauten, dass sie nach Söldner-Mentalität möglichst schnell einen neuen Brötchengeber fanden. Heuchelei pur waren die Krokodilstränen von Kapitän Franz und dem selbsternannten Führungsspieler Eichner (Kommentar vor Fernsehkameras nach dem letzten Spiel: „Die Mannschaft hat phantastische Arbeit geleistet!“…!), die nach unzähligen Treuebekundungen zum KSC, für den ihr Herz unglaublich schlägt, als Erste das sinkende Schiff verließen. 

(...)

Nach dem sicherlich vermeidbarsten aller Abstiege ergeben sich naturgemäß zahlreiche weitere Fragen, die zumindest kurz angerissen werden sollen:

  • Wieso schaffen es zahlreiche Spieler nicht dauerhaft, beim KSC gute Leistungen wie bei ihren vorangegangenen Vereinen zu bringen (Iashvili, Timm, Kennedy, Buck, Sebastian)?

  • Wie erklären sich die überdurchschnittlich vielen Verletzungen von Karlsruher Spielern?

  • Wenn der Trainer in der vergangenen Winterpause in einem Interview äußert, er müsse seine Mannschaft nicht motivieren, dies sei Aufgabe der Spieler selbst, scheint er mir bezüglich der Einstellung der jetzigen Generation nicht ganz auf dem Laufenden zu sein. Der KSC liefert seit 18 Monaten dementsprechende Leistungen ab.

  • Wenn von vier Wintereinkäufen drei totale Flops sind, können die dafür Verantwortlichen (Scouts, Manager) nicht viel richtig gemacht haben. Oder?

  • Wenn bei hochinteressanten Fragen, wie z. B. der Farce vom seit gefühlten Jahrzehnten geplanten Stadion-Neubau oder auch bei der Verstrickung von Ex-Spielern in Wettskandale stets nur „kein Kommentar“ zu hören ist, muss die Frage nach adäquater Öffentlichkeitsarbeit gestellt werden dürfen. Der Pressesprecher verbringt seine kostbare Zeit ohnehin lieber damit, bei Sportredaktionen telefonisch nachzufragen, ob und wann unliebsame Karlsruher Journalisten bei KSC-Auswärtsspielen Schreib-Aufträge haben, was ich am eigenen Leib erleben durfte und sensationell daneben fand und finde.

  • Fast die gesamte Karlsruher Presse nimmt ihre Kontroll- und Kritikfunktion gegenüber dem KSC nicht oder kaum wahr. Lieber ist man freundschaftlich mit den Vereinsverantwortlichen verbunden, fühlt sich als Teil der Handelnden, die ihre Gunst dem Großteil der Journalisten mit der Teilnahme an Abläufen, exklusiven Interviews und persönlichen Vorteilen erweisen – als Dank für Parteilichkeit und Hofberichterstattung. Peinlich finde ich regelmäßig erscheinende Hetzartikel in Richtung Stuttgart und Hoffenheim, wobei man verkennt, dass dort einfach deutlich besserer Fußball gespielt und im Umfeld effektiver gearbeitet wird.

Dass im Erfolg die größten Fehler gemacht werden, ist eine Binsenweisheit. Der KSC hat aus fünf Abstiegen nichts gelernt und 2008/2009 – mit anderem Personal – ähnliche, eher schlimmere Missgriffe als in der Vergangenheit getan. Arroganz, Inkompetenz und das stetige Entfernen von der Realität nach dem Aufstieg wurden einmal mehr mit Rückfällen und Abstieg bestraft – schade für die Fans und die gesamte Region!

Roland Pohl