Sonntag, 22. März 2009

Bayern München - KSC 1:0

„Der KSC ist vom Glück verlassen“ titelt pflichtschuldig Harald Linder im SONNTAG nach der siebten Niederlage der Becker-Elf in diesem Jahr, und man fragt sich, ob noch andere Vereine der Bundesliga mit einem derart flüchtigen Gut wie Glück ihr Schicksal verbinden. Der Blick auf die Tabelle beweist: wohl kaum. Denn völlig zurecht abgeschlagen, mit 17 Punkten und einer Differenz von - mittlerweile unfassbaren - minus 24 Toren nach 25 Spielen, liegt der KSC auf dem letzten Tabellenplatz. Wer an dieser Lage nicht „Schuld“ ist, nämlich der Trainer, wird dann in den drei, sich dem Spiel widmenden Artikeln zuverlässig wiederholt, damit auch der letzte Leser im Verbreitungsgebiet des badischen Tageszeitungsmonopolisten es kapiert. Ede Becker „will den Kopf ebensowenig in den Sand stecken wie Manager Dohmen“ lässt Linder die KSC-Fans wissen, und nicht wenige verstehen diese Ankündigung mittlerweile als Drohung, die Schlimmstes für die kommende Spielzeit befürchten lässt.

 

Das Vertrauen in die Arbeit der Männerfreunde ist - nicht nur - in Kreisen der aktiven und organisierten Anhänger mittlerweile restlos aufgebraucht. Die SUPPORTERS KARLSRUHE machten ihrem Ärger letzten Mittwoch mit einem Schreiben an die KSC-Verantwortlichen in aller Deutlichkeit Luft. „Wir können sehr gut einschätzen,was da vor uns auf dem Rasen und hinter den Kulissen abläuft. Und es führt kein Weg an der Aussage vorbei: Es wurden und werden gravierende Fehler gemacht! (...) Seit der Mitgliederversammlung im September 2008 wird schon vorgebaut („notfalls mit Becker in die 2.Liga“) und Alibis werden vorgeschoben (Finanzen, Pech, Qualität, ...). Das frühzeitige Festlegen auf Personen und damit verbundene Jobgarantien nehmen den Leistungsdruck und die Verantwortung von Spielern, Trainer und Vereinsführung. (...) Wir fordern eine offene Auseinandersetzung auf allen Ebenen mit den hier angesprochenen Fragen und fordern alle auf, denen unser KSC am Herzen liegt: Macht mit! Redet, diskutiert und vor allem: Handelt dementsprechend!“. Zunächst an die gewählten Gremien, dann an die Mitglieder des Dachverbands der KSC-Fans ging diese Aufforderung, die Entwicklung des Vereins grundlegend zu diskutieren.

 

Doch offene Auseinandersetzungen scheut man im Wildpark, und den von den SUPPORTERS gewählten, internen Weg hat man im Präsidium präzise sofort verlassen. So ist Harald Linders Kommentar im KURIER vom letzten Freitag durchaus als Absage der Vereinsführung an seine kritischen Mitglieder und Anhänger zu verstehen, sich an irgendeiner Diskussion zu beteiligen. Als „Leichenfledderer“ und „profilierungsgeile Vereinsfunktionäre“ werden diejenigen im KSC-Umfeld beschimpft, die sich nicht Woche für Woche mit den gleichen Durchhalteparolen abspeisen lassen wollen und entgegen den derzeit Handelnden bereit sind, Personalentscheidungen dem Vereinsziel des maximal möglichen sportlichen Erfolgs unterzuordnen.

 

„Grenzenlose Arroganz“ wirft Linder den SUPPORTERS vor, die den Unmut ihrer Mitglieder in Form und Sache korrekt artikuliert haben, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit darstellen sollte. Für Harald Linder nicht, aus seiner Sicht eint alle Kritiker der Vereinsführung der niedrige Impuls, obwohl der Kampf gegen den Abstieg nicht vorbei sei „schon jetzt auf die Suche nach den Schuldigen“ zu gehen. Dabei überhört er bestenfalls in seinem heiligen Zorn, dass die Supporters von VERANTWORTUNG und ALTERNATIVEN, nicht von Schuld sprechen, ein entscheidender Unterschied. Denn die Verantwortung tragen nunmal die Verantwortlichen, und wenn ihnen die eines Bundesligafußballclubs obliegt, müssen sie sich auch an der in der Tabelle ablesbaren Leistungsbilanz messen lassen.

 

Die derzeit amtierende Führung des KSC hat ausgedient - sportlich, wirtschaftlich und ideell. Wie will ein Trainer, dessen Maßnahmen im laufenden Spielbetrieb zu einer Negativbilanz fast ohne Beispiel geführt haben, einer verunsicherten und von Niederlagen gezeichneten Mannschaft noch glaubwürdig zutrauen in das eigene Leistungsvermögen vermitteln? Wie will ein Manager, der sich in zwei Transferperioden nicht in der Lage sah, die Probleme des KSC vor dem Tor substantiell zu lösen, der nach der Niederlage gegen Bielefeld leichenblass seine Ratlosigkeit in die Fernsehkameras artikuliert, einen Neuaufbau in der Zweiten Liga angehen? Und wie will erst ein Präsidium, das in der Phase der Euphorie während und nach dem Aufstieg keine grundlegende Verbesserung der Einnahmen oder die Lösung der Stadionfrage vorantreiben konnte, unter den Bedingungen der akuten Wirtschaftskrise den Verein handlungsfähig halten?

 

Die SUPPORTERS schreiben, sie „wollen keine Schlammschlacht“, doch die Art und Weise der diskursiven Auseinandersetzung innerhalb eines Vereins orientiert sich wohl kaum am Willen einer der beteiligten Parteien. Der grundsätzliche Dissens im KSC ist nicht mehr im Status quo aufzulösen, die „Schlammschlacht“ ist so gesehen nicht erst seit dem Brief  und der Reaktion des Präsidiums darauf in vollem Gange. Wer jetzt noch den Konsens und einvernehmliche Lösungen sucht, wird mit Sicherheit die geringste Möglichkeit haben, seine Vorstellungen durchzusetzen. Es wird bestimmt hässlich werden in den nächsten Wochen, aber noch hässlicher wird es, wenn diesem Konflikt aus dem Weg gegangen wird.


In diesem Sinne: Wir müssen da durch. Traut euch was. Ihr wisst, wer ihr seid.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mhh, was erwarten denn die Supporters von einer neuen sportlichen Führung? Ich glaube, dass der KSC sich mittelfristig in der ersten Liga etablieren kann. Dazu gehört wohl auch ein Rückschlag wie ein Abstieg. Cottbus, Bielefeld, Bochum, Köln, Gladbach, Freiburg, Aachen etc. sind Vereine mit denen man sich messen kann und muss. Alle diese Vereine pendeln schon seit einiger Zeit zwischen den Ligen, so wird es dem KSC auch ein Zukunft ergehen. Die Vorraussetzungen für erstklassigen Fußball in Karlsruhe sind so mies, dass es noch Jahre dauern wird, bis der Verein so weit ist, dass man von einer dauerhaften Zugehörigkeit in der 1. Liga träumen kann. Ich glaube dass die sportliche Führung gute Arbeit leisten und den Weg für eine bessere Zukunft ebnet. Becker und Dohmen haben die Mannschaft in die ersten Liga geführt sind dafür überschwänglich gefeiert worden und werden nun überschänglich kritisiert!

SUPPKA hat gesagt…

@lenzibaer

wer sich in der situation, wie du, sich noch so in die tasche lügen kann, der tut mir einfach nur noch leid! dein kommentar hat bei mir große kopfschmerzen ausgelöst, ich zitiere: "was erwarten denn die Supporters von einer neuen sportlichen Führung?" es geht doch nicht darum, was wir uns erwarten, sondern darum, dass sich was ÄNDERT!!! ändert sich nämlich nichts, wovon man ja leider ausgehen kann, dann spielen wir jede woche den gleichen lustlosen kick zusammen, obwohl es noch eine chance gibt zumindest 16 zu werden! mit diesem trainer, der öffentlich schon aufgegeben hat, gewinnen wir kein spiel mehr! in jedem anderen verein wäre er geflogen, nur bei uns nicht. er hat ausgedient, hat keine ideen mehr und handelt nicht zum wohle des vereins!

"Becker und Dohmen haben die Mannschaft in die ersten Liga geführt sind dafür überschwänglich gefeiert worden und werden nun überschänglich kritisiert!"

ZURECHT! beckers aufstellungen sind grauenvoll. seine auswechslungen ebenfalls. ein enge, miller, federico oder görlitz würden bei mir kein spiel mehr spielen! sei es aufgrund von fussballerischem unvermögen oder aussagen in der presse!


"Ich glaube dass die sportliche Führung gute Arbeit leisten und den Weg für eine bessere Zukunft ebnet"

OHNE WORTE!!! WACHT AUF! SIE FÜHREN UNS INS NIEMANDSLAND DES FUSSBALLS!

Trev442 hat gesagt…

Hi there. I'm Trevor from FourFourTwo Australia. Last year you wrote a piece for our magazine on Josh Kennedy.

We're putting together a feature on what overseas fans think of their Australian club players again. I was hoping to get your input on Josh once agian. Could you email me on ttreharne@fourfourtwo.net.au to discuss further?

Trevor
FourFourTwo Australia

Anonym hat gesagt…

Die Frage ist doch warum spielt der KSC so schlecht. Meiner Meinung gibt es nur zwei Möglichkeiten:

Primärer Faktor könnte sein, dass der Trainer überfordert ist, mentale Blockaden bei seiner Mannschaft zu lösen, beziehungsweise es nicht (mehr) schafft, die indivduellen Fähigkeiten der Spieler in eine wirkungsvolle abstiegskampforientierte Gesamttaktik einzubringen. Möglichkeit zwei ist, dass die meisten Spieler mit der Situation des Abstiegskampfes einfach überfordert sind. Und hier kommt der Manager ins Spiel. Es ist fraglich, ob die in der Winterpause geholten Spieler Qualitäten für ein zweikampforientiertes Spiel im Tabellenkeller mitbringen. Federico hat sichtbares Übergewicht, Engelhardt hat katastrophale Zweikampfwerte und Saglik, der eh kaum zum Einsatz kommt, fehlt das Durchsetzungsvermögen im Strafraum. Einzig und allein Drpic hat mehr Ruhe in die Innenverteidigung gebracht.

Es stellt sich also durchaus die Frage, ob nicht die Verantwortlichen entscheidenden Anteil am Misserfolg dieser Saison haben. Gerade die aktiven Fans haben hierfür einen guten Riecher. Auch wenn wir mit Becker und Dohmen tolle Momente erlebt haben, ist es wohl an der Zeit, diese für ihr klägliches Scheitern in dieser Saison in die Verantwortung zu ziehen. Oder soll das Risiko eingegangen werden, mit einer gescheiterten Führungsriege in eine Zweite Liga zu gehen, zumal wie schon gesagt die betriebswirtschaftlichen Vorzeichen beim KSC alles andere als positiv sind und bleiben werden?